Die Räder des Zuges quietschen im Gleisbett, mit abnehmender Geschwindigkeit schleichen wir in den Bahnhof ein. Die Türen entriegeln, wir satteln auf und steigen aus. Wir brauchen Zeit, um uns zu orientieren, uns in den fremdsprachigen Ansagen und Anzeigetafeln nicht zu verlieren. Und Mühe, um uns nicht zu verlieren. Um uns herum schwirren Geschäftsleute mit silbernen Rolltrolleys, schwerbepackte Backpacker und Familienurlauber. Alle zum nächsten Zug hetzend, atemlos und erschöpft ihr Hab und Gut hinter sich her schleifend.
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Es sind dieselben Szenarien, die uns immer und immer wieder begegnen. An jedem Großstadtbahnhof, Verkehrsknotenpunkt, selbst in jeder Kleinstadt. In Malmö, Stockholm, Örebro. Denn während Taxen hinter uns hupen und Straßenbahnen läutend angerast kommen, fehlt Luft zum Atmen, zum Verweilen und Stehenbleiben. Es fehlt Raum, obwohl so viel Raum existiert. Es fehlt Zeit, obwohl das Reisen uns alle Zeit der Welt gibt. Jede Großstadt lässt sich wahrnehmen, aber begrenzt. Jede Großstadt limitiert unsere Wahrnehmung, weil wir filtern – alles zu sehen, ist unmöglich. So verlassen wir die Stadt als Touristen, als Fremde. Wir können von uns behaupten, dort gewesen zu sein. Wir können nicht von uns behaupten, diese Stadt zu kennen und wirklich gesehen zu haben.
Malmö, Stockholm, Örebro
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Mit vielen Eindrücken im Gepäck ziehen wir weiter. Diese Eindrücke sind nur ein Bruchteil des großen Ganzen, des Erfassbaren.
Vingåker, Kramfors, Tau
Die Räder des Zuges quietschen im Gleisbett, mit abnehmender Geschwindigkeit schleichen wir in den Bahnhof ein. Die Türen entriegeln, wir satteln auf und steigen aus. Der Zug setzt sich in Bewegung und gerät außer Sichtweite. Wir sind nahezu die einzigen, die gerade ausgestiegen sind. Keine Geschäftsleute, Familienurlauber – wir die einzigen Backpacker. Die Sonne verschwindet hinter roten Backsteinhäusern, am Straßenrand laufend hören wir nur unsere eigenen Schritt auf dem bröckelnden Asphalt. Neben einem Feldweg schlagen wir bei anbrechender Dunkelheit unser Zelt auf und zünden ein Lagerfeuer. Absolute Stille.
Die Natur gibt uns keine gotischen Kirchen, exzellente Infrastruktur oder ausschweifende Partynächte. Sie gibt uns Raum, um das Erlebte wirken zu lassen. Raum zum Atmen. Sie ist der Gegenentwurf zur pulsierenden, nie stillstehenden Metropole.
Natürlich ist Reisen auch Stadterfahrung: Kultige Secondhand-Läden in Stockholms alternativem Stadtteil Södermalm zu durchwühlen, von einheimischen Studenten eingeladen werden, Touri-Hotspots abklappern. Das alles ist eine bereichernde Erfahrung, eine für’s Leben. Und doch tut es gut, mal zu pausieren. Luft zu holen und wieder Anlauf zu nehmen.